11.02.22
Medieninformation

»Vom Plan zum Kran«: IBA’27 nimmt Gestalt an

Fünf Jahre verbleiben noch bis zum Präsentationsjahr der Internationalen Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBA’27). Ausstellungsorte in der ganzen Region sollen dann der internationalen Öffentlichkeit und den Menschen vor Ort zeigen, wie die Zukunft des Bauens, Wohnens und Arbeitens aussehen kann: Häuser und Quartiere als erlebbare Exponate, die ehrliche und zukunftssichere Antworten auf die Klimakrise, den gesellschaftlichen und technologischen Wandel gefunden haben. Am Freitag informierte die IBA bei ihrer Jahrespressekonferenz, wo sie mit ihren Partnerinnen auf diesem Weg steht.

»Die IBA’27 ist erwachsen geworden.« Mit diesen Worten resümierte IBA-Intendant Andreas Hofer den Stand der Arbeiten. 2018 hatte die IBA einen offenen Projektaufruf lanciert, mehr als 150 Ideen aus der ganzen Region sind seitdem eingereicht worden. Rund 90 Vorhaben wurden in das Netzwerk der IBA aufgenommen, 16 davon sind derzeit als offizielle »IBA’27-Projekte« im Portfolio. Den programmatischen Rahmen liefern fünf »Themen und Räume«, die die IBA auf Basis der Einreichungen formuliert hat. Im Kern geht es dabei um eine zukunftsfähige, produktive Stadtregion, in der Wohnen und Arbeiten, Industrie und Freizeit, Handel und Kultur in dichten und lebenswerten Quartieren verschmelzen.

Neuartige Formen der Nutzungsmischung in dichten und grünen Quartieren

Die Projekte seien auf gutem Weg, berichtete Hofer. Mit diversen Wettbewerbsentscheiden – einige unter großer internationaler Beteiligung –, mit Ergebnissen aus Bürgerbeteiligungen, kooperativen Planungsverfahren, Machbarkeitsstudien und intensiven Fachdiskursen liegen nun für zahlreiche Vorhaben und Projekte konkrete Konzepte vor. Städtebau-Entwürfe wie zum Beispiel in Winnenden zeigen neuartige Formen für eine anspruchsvolle Nutzungsmischung, die vielfältige Wohnformen mit Flächen für Gewerbe und Industrie in grünen Quartieren zusammenbringt. Mit innovativen Nachverdichtungsprojekten wie beispielsweise in Böblingen oder Stuttgart können vorbildhafte Lösungen für die Stärkung der Zentren und bestehender Wohnviertel entstehen.

Viele Projekte setzen auf Umbau, auf ressourcenschonende Bautechnologien und Baustoffe und eine Kreislaufwirtschaft. Mit neuen Modellen zur Nachnutzung bestehender Gebäudekomplexe – etwa in Sindelfingen – entstehen Vorbilder zum Erhalt »grauer Energie«. Es gibt Entwürfe für urbane Verdichtung bei gleichzeitiger Aktivierung von Grün- und Wasserflächen, um Quartiere resilienter für die Folgen des Klimawandels zu machen. Beispiele dafür finden sich etwa in Stuttgart-Rot oder in Kernen im Remstal. Diverse Projekte umfassen auch neue Mobilitätskonzepte, die nicht einfach den Status quo linear in die Zukunft fortschreiben.

Andreas Hofer: »Ideen mit viel Mut und Kompetenz auf die Baustellen bringen«

»Es zeigt sich, dass wir mit unseren Themen wahrscheinlich richtig liegen«, so der IBA-Intendant Andreas Hofer. »Die Beteiligten auf vielen Ebenen haben erkannt, dass wir das Planen und Bauen fundamental ändern müssen, wenn wir die Klimakrise, die gesellschaftliche und die wirtschaftliche Transformation ernst nehmen.« Nun gelte es, die Ideen und Entwürfe mit viel Mut und Kompetenz auf die Baustellen zu bringen. Hofer: »Bei aller Euphorie merken wir auch, dass für so große und neuartige Projekte die etablierten Prozesse mancherorts an ihre Grenzen kommen: in der Bauwirtschaft, bei Projektentwicklung und Projektsteuerung, in den Verwaltungen.« Hier gelte es nun, Kräfte zu bündeln, alle Ressourcen zu mobilisieren, die Strukturen und Abläufe nachzujustieren und gemeinsam zu lernen. »Wenn wir alle zusammen im IBA-Geist auch bei der Umsetzung neue Wege gehen, bin ich sicher, dass wir 2027 eine ganze Reihe wirklich ambitionierter Exponate zeigen können, die im Maßstab eins zu eins erleben lassen, wie Häuser und Quartiere für eine Welt im Wandel aussehen können.«

Der Aufnahmeprozess für das IBA’27-Netz läuft weiter und bereits in das Netzwerk aufgenommene Vorhaben können noch zu IBA’27-Projekten werden. Allerdings geht die IBA davon aus, dass jetzt noch neu eingereichte Vorhaben allein aus zeitlichen Gründen vermutlich nicht mehr gemeinsam mit der IBA bis 2027 realisiert werden. »Das Netzwerk verstehen wir auch als Dokumentation einer Transformation, die im Laufe des zehnjährigen IBA-Prozesses ein neues Bild der Region Stuttgart zeichnet«, sagte Hofer. Stand heute rechnet die IBA mit 20 bis 25 teils großmaßstäblichen Ausstellungsprojekten, die 2027 das Gerüst des Präsentationsjahres bilden.

Karin Lang: »Innovationsprogramm für neue Planungs- und Bauprozesse«

Verantwortlich für die Umsetzung vor Ort sind die verschiedenen Projektträgerinnen: Kommunen, Genossenschaften, private Investorinnen, städtische Baugesellschaften. Aufgabe des mittlerweile 21-köpfigen interdisziplinären Teams der IBA ist die Begleitung und Inspiration der Projekte, die Qualitätssicherung, Vernetzung und Kommunikation. Im vergangenen Jahr habe sich dabei gezeigt, dass die IBA quasi von ihrem Erfolg überrollt worden sei, berichtete Karin Lang. Als kaufmännische Geschäftsführerin der IBA’27 GmbH und Geschäftsleitung des Vereins IBA’27 Friends e.V. ist sie für den organisatorischen Rahmen und die Ressourcen der IBA verantwortlich.

»Nicht nur die Fülle der Einreichungen, auch der umfassende Qualifizierungsprozess zum IBA-Projekt hat sich als wesentlich aufwändiger erwiesen, als anfänglich abzusehen war«, berichtete Karin Lang. Das IBA’27-Team arbeite vielerorts intensiv an der Entwicklung der Projekte mit, um deren Potenziale bestmöglich zu heben. Gerade die letzten zwei Jahre hätten gezeigt, dass die etablierten Prozesse teilweise grundlegend in Frage gestellt werden müssen – die Dringlichkeit der Klimakrise und die Corona-Pandemie hätten dies zusätzlich verdeutlicht. »Dafür braucht es den Blick von außen. Die IBA als Ausnahmeorganisation auf Zeit übernimmt genau diese Rolle. Sie ist nicht nur Ausstellung, sondern ein Innovationsprogramm für neue Planungs- und Bauprozesse. Wir sind daher sehr dankbar, dass unsere großen Gesellschafterinnen und das Land Baden-Württemberg die Grundfinanzierung der IBA’27 GmbH aufgestockt haben.« 2021 sei es außerdem gelungen, mit Wolff & Müller, Züblin/Strabag und Würth die drei ersten Förderer aus der Wirtschaft zu gewinnen.

»Mit dieser größeren wirtschaftlichen Sicherheit im Rücken können wir nun auch unser erstes IBA’27-Festival planen, das 2023 stattfinden soll«, sagte Karin Lang. Das Festival sei ein wichtiger Baustein einer zehnjährigen Dramaturgie, um die IBA in der Region breit sichtbar zu machen. »Die IBA versteht sich als offenes und dialogorientiertes Format für alle Menschen in der Region Stuttgart.« Dabei helfe auch der 2021 neu gegründete Verein IBA’27 Friends e.V.

Thomas S. Bopp: »Investitionen in die IBA sind Investitionen in die Zukunft«

»Die IBA’27 ist ein regionales Zukunftsprojekt, das von vielen Schultern gemeinsam getragen wird«, sagte Thomas S. Bopp, Vorsitzender des Aufsichtsrats der IBA’27 GmbH und Vorsitzender des Verband Region Stuttgart. »Zum Start der IBA war noch nicht absehbar, wie viele Projekte sich bewerben und welcher tatsächliche Aufwand bei der IBA-Gesellschaft selbst entsteht. In den letzten drei Jahren haben wir nun erlebt, was die IBA mit ihrem hochmotivierten und kompetenten Team in der Region bewegen kann.« Dabei helfe auch das große Netzwerk aus verschiedensten Akteurinnen und Fachleuten, das die IBA aufgebaut habe. Die IBA’27 sei »zu einer treibenden Kraft im Transformationsprozess geworden«, in den sich der Verband Region Stuttgart auch fachlich intensiv einbringe – beispielsweise bei der Entwicklung des Neckars zu einem lebenswerten Landschaftsraum oder bei zukunftsfähigen Quartieren entlang des S-Bahn-Netzes. »Die zusätzlichen Mittel für die IBA’27 GmbH sehen wir als gute Investition in die Zukunft. Damit kann die IBA nun ihre wertvolle Arbeit mit Verve und in der bisherigen Qualität weiterführen.« Gleichwohl brauche es auch vor Ort in den Kommunen großes Engagement und zusätzliche Ressourcen, um »vom Plan zum Kran« zu kommen, so Bopp.

Dr. Frank Nopper: »Würdigen Rahmen für die Weissenhofsiedlung schaffen«

Dr. Frank Nopper, stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der IBA’27 GmbH und Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, berichtete unter anderem über die IBA-Projekte in Stuttgart. Ein wichtiger Meilenstein im Jahr 2022 wird im Sommer die Jurierung eines internationalen Ideenwettbewerbs zur Weissenhofsiedlung und ihrem Umfeld sein, den die Stadt zusammen mit dem Land Baden-Württemberg und in Kooperation mit der IBA’27 ausgelobt hat: »Ausgangs- und Referenzpunkt der IBA’27 ist die Stuttgarter Weissenhofsiedlung. Vor drei Jahren konnte die Wohnungsbaugesellschaft der Landeshauptstadt Stuttgart die Weissenhofsiedlung vom Bund erwerben. Nun läuft derzeit ein offener internationaler Ideenwettbewerb, unter anderem um ein angemessenes Entrée für diesen architektonischen Schatz zu schaffen. Dabei geht es letztlich auch um einen würdigen Rahmen für die ganze Siedlung, die alljährlich von Touristen aus der ganzen Welt besichtigt wird. Ich freue mich, dass Stadt und Land diesen Ideenwettbewerb gemeinsam durchführen, Hand in Hand.«

Wolfgang Riehle: »gesellschaftliches Ereignis mit großer Strahlkraft«

Unterstützung bekommt die IBA als breites Diskursformat auch vom 2021 gegründeten Verein »IBA’27 Friends e.V.« Die Mitglieder kommen aus der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft, aus der Fachwelt, auch Verbände und Kommunen gehören dazu. Den Vorsitz des Vereins hat der Ehrenpräsident der Architektenkammer Baden-Württemberg Wolfgang Riehle übernommen: »Die IBA ist ein gesellschaftliches Ereignis mit großer Strahlkraft. Als ›Friends‹ wollen wir die IBA dabei unterstützen, ihre Ideen und Konzepte in die Breite der Gesellschaft zu tragen und möglichst viele Bürgerinnen und Bürger für eine neue Baukultur zu begeistern.« Um dieses Ziel zu erreichen, unterstützt der Verein verschiedene Veranstaltungen und Ausstellungen, in diesem Jahr beispielsweise ein dreitägiges Symposium und IBA-Plenum vom 29. Juni bis 1. Juli 2022 zum »Erbe der Moderne« rund um die Weissenhofsiedlung. Für Mitte Juli ist außerdem zusammen mit dem Verband Region Stuttgart eine Neckarkonferenz für die Anrainerkommunen geplant.

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