21.02.24
Position der IBA’27

Die Region Stuttgart und die Sehnsucht nach dem Zugang zum Wasser

Kernidee einer Internationalen Bauausstellung ist das gebaute Beispiel, den Blick auf die Zukunft im Hier und Jetzt. Das dauerte beim Weissenhof 1927 ein Jahr. Diese Zeiten sind vorbei, eine IBA ist heute auf zehn Jahre angelegt. Natürlich wissen wir, dass in Stuttgart eine große Sehnsucht nach einem attraktiven Zugang zum Wasser besteht. Deshalb heißt bei uns einer von fünf Themenräumen »Der Neckar als Lebensraum«. Wir unterstützen Initiativen und Projekte, die sich mit dem Fluss auseinandersetzen und seine Zugänglichkeit verbessern. So planen wir beispielsweise gerade mit dem Verband Region Stuttgart eine Neckartagung für den 12. und 13.09.24. Den Neckar zum zentralen Thema zu machen, würde allerdings bedeuten, dass wir als IBA scheitern. Der wichtige Zugang Richtung Neckar, das Rosensteinviertel, wird in den dreissiger Jahren entstehen, eine B14 verschwindet nicht im Zeitraum einer IBA und der Neckar ist Wasserschifffahrtstraße an dem bis heute wichtige produzierende Werke liegen. Vergessen wir nicht, dass die vielgefeierten Beispiele städtischer Neuerfindungen an Flüssen und Gewässern in Barcelona, Bordeaux, Marseille, Lissabon, Kopenhagen, Malmö, Helsinki, Glasgow… die Folgen tiefgreifender wirtschaftlicher Krisen waren: der Verlust von industrieller Produktion oder die Verlagerung von Hafeninfrastrukturen aus den Städten. Dass Stuttgart seinen Zugang zum Fluss noch nicht gefunden hat, ist also auch ein Zeichen der Stärke der Region, die sich als eine der wenigen in Europa in einem Transformationsprozess befindet, der nicht das Ende der Produktion bedeutet.

Zukunftsvision Produktive Stadt

Diese Transformation ist das Kernthema unserer IBA. Wir glauben an eine urbane Zukunft, die das Wohnen und Arbeiten wieder näher zusammenbringt und den industriellen Kern bewahrt, weiterentwickelt und neu denkt. Moderne Produktionsverfahren erlauben dabei die Überwindung des industriellen Traumas, das am Ende des neunzehnten Jahrhunderts zu einer Aufteilung der Funktionen im Raum geführt hat. Diesen modernistischen Städtebau, der uns trostlose Wohnquartiere, hässliche Gewerbegebiete und ein massives Mobilitätsproblem beschert hat, an einem Ort wie Stuttgart zu überwinden, der einen wesentlichen Teil seiner Prosperität und seines Stolzes mit der Autoindustrie erwarb, ist eine spannende und herausfordernde Aufgabe. Wenn sie uns an einigen Orten bis 2027 beispielhaft und mit guter, zukunftsweisender Architektur gelingt, wird die Welt mit großem Interesse auf Stuttgart schauen. Dass die Region dann auch Fluss kann, diesen Beweis müssen wir unseren Nachfolger:innen überlassen, was nicht heißt, dass wir in Untertürkheim, bei der Neckarspinnerei in Wendlingen, in Schorndorf und Backnang hoffentlich erste Beweise dafür zeigen. Bei einem unserer großen Vorbilder, der IBA Emscher Park, die im Jahre 1999 zu Ende ging, dauerte die Sanierung der namensgebenden Emscher übrigens bis Ende 2022.

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