28.07.16
Plattformprozess

IBA-Forum »Mobilität und Klima«

»Wir müssen schnell die Ärmel hochkrempeln«

Mobilität, Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel – drei Querschnittsthemen, die eng zusammengehören, standen im Mittelpunkt des dritten IBA-Forums im Literaturhaus Stuttgart. »Wenn wir das Pariser Klimaschutzabkommen ernst nehmen, dürfen 2030 – drei Jahre nach Abschluss der IBA – nur noch Autos zugelassen werden, die emissionsfrei sind«, sagte WRS-Geschäftsführer Dr. Walter Rogg. »Die IBA hat das Potenzial, den Prozess von der Automobil- zur Mobilitätsregion mitzugestalten.« Auch beim Klimaschutz auf Gebäude- und Quartiersebene könne und müsse die Region Stuttgart eine Vorreiterrolle einnehmen. »Die IBA bietet eine ideale Plattform für experimentelle Planungen und Projekte«, so Rogg.

Franz Loogen, Geschäftsführer der Landesagentur e-mobil BW GmbH, plädierte für einen mutigen Blick in die Zukunft: Im Präsentationsjahr 2027 müsse die IBA bereits Mobilitätslösungen für 2037 zeigen – nicht nur für die Region Stuttgart, sondern für hochverdichtete Städte in einer Welt mit dann neun Milliarden Menschen. Die Zukunft des Automobils sei elektrisch, und diese Zukunft käme schnell: »Bis 2030 sind es nur drei Fahrzeuggenerationen. Wir müssen also ganz schön schnell die Ärmel hochkrempeln.« Hinzu komme die Digitalisierung, die nicht nur die Fahrzeugbedienung verändere, sondern auch das Mobilitätsverhalten: »Bis 2027 wird die Generation ›Always connected‹ die Mobilität neu erfinden«, so Loogen.

»2027 müssen wir schon sehr weit gekommen sein auf dem Weg zu den sehr ambitionierten CO2-Reduktionszielen«, sagte Prof. Dr. Ursula Eicker vom Zentrum für nachhaltige Energietechnik der Hochschule für Technik Stuttgart. Dafür müsse der Blick von einzelnen Gebäuden auf die Quartiersebene geweitet werden. Das sei auch eine städtebauliche Aufgabe: »Mit frei stehenden Einzelhäusern sind die Ziele nur schwer zu erreichen.« Eine IBA könne CO2-freie Quartiere entwickeln, die hohe urbane Effizienz mit hoher Lebensqualität verbinden. Bei der Betrachtung der Lebenszyklen von Gebäuden würden höhere Baukosten durch eingesparte Energiekosten relativiert. Um den Flächenbedarf innerstädtischer Energiegewinnung in Grenzen zu halten, brauche es neue Ideen wie beispielsweise Fahrradwege mit einem Bodenbelag aus Solarmodulen.

»Allein im Sommer 2016 haben Extremwetterereignisse mehr als zehn Todesopfer in Baden-Württemberg und Bayern gefordert«, verdeutlichte Prof. Dr. Jörn Birkmann vom Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung der Universität Stuttgart die Notwendigkeit zur Klimaanpassung auch in unseren Breiten. Der Klimawandel sei allerdings mit Unsicherheiten behaftet, das erfordere eine anpassungsfähige Planung. Eine IBA könne beispielsweise Demonstrationsprojekte für hochwasserangepasste Bauweisen entwickeln und sichtbar machen. Der Konflikt zwischen der Ausweisung neuer Bauflächen und dem Freihalten von Kaltluftschneisen und Gefahrenzonen erfordere eine regionale Betrachtung. Gerade auch dafür sei das Format IBA ideal, das neue Kooperationen abseits rechtlich fixierter Instrumente ermögliche.

In den anschließenden Arbeitsgruppen diskutierten die Teilnehmer über Themen wie flächeneffiziente Mobilität und die Rückeroberung des öffentlichen Raums, über Energiestandards von Siedlungen und neue Finanzierungsmodelle für klimafreundliches Sanieren sowie über regionale Leuchtturmprojekte für nachhaltiges Wachstum auf begrenzter Fläche.

Ideen für IBA-Themen aus dem Forum »Mobilität und Klima« (Auswahl)

  • Mobilitätslösungen für die Generation «always connected» (Digitalisierung, 100 Prozent Sharing-Verkehr)
  • Nutzung der dritten Dimension (zum Beispiel Seilbahnen)
  • Verkehrsmanagement für Gewerbe-/ Logistikflächen; Einbeziehung von City-Logistik (inkl. neuer Logistikformen mit Drohnen etc.)
  • Telearbeitsgerechter Wohnraum
  • »IBA-Hubs« für internationale Sichtbarkeit Stuttgarter Lösungen; Wissensaustausch mit führenden Regionen
  • Wohnbauprodukte als Service; Contracting-Konzepte auch im privaten Baubereich
  • Plusökologie-Quartiere, nicht nur modellhafte Einzelgebäude
  • Experimentierfelder für klimaangepasstes Bauen
  • »Cool Spots« im öffentlichen Raum; Stärkung grüner Infrastruktur; vertikale/hängende Gärten
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