18.07.23

Ist weniger genug?

Diese Frage beantwortet die Wanderausstellung »Frugalité créative – weniger ist genug«, die derzeit im Fellbacher Rathaus Station macht. Was man unter frugaler Architektur versteht, erklärte Dominique Gauzin-Müller, eine in Stuttgart lebende Architektin und Publizistin, dort gestern während einer Führung mit anschließender Podiumsdiskussion.

Das Projekt »Weniger ist genug« basiert auf der französischen Bewegung »Frugalité heureuse« deren inhaltlicher Kern das „Manifeste de la frugalité heureuse et créative” (Manifest der glücklichen und kreativen Genügsamkeit) ist. Bereits 17.600 Menschen in 90 Ländern haben sich per Unterschrift für das Manifest und damit für eine gezielte Reduktion von Material, Aufwand und Kosten ausgesprochen. Bauen mit regionalen Ressourcen und tradiertem Wissen soll im Vordergrund stehen, »Bescheidenheit in der Architektur« ist das Leitmotiv. Die von Dominique Gauzin-Müller und Kyra Bullert kuratierte zweisprachige Ausstellung soll den deutsch-französischen Austausch zu ressourcenschonender und nachhaltiger Architektur anregen. Am Beispiel von 20 französischen und zehn deutschen/Schweizer Projekten wird aufgezeigt, mit welch einfachen Mitteln und Maßnahmen hochwertige, soziale Architektur entstehen kann.

Die Brücke zur IBA’27 schlug die anschließende Podiumsdiskussion auf dem Klenk-Areal mit Dominique Gauzin-Müller, Beatrice Soltys (Baubürgermeisterin in Fellbach), Andreas Hofer (IBA’27-Intendant) und Francois Liermann (Architekt aus Strasbourg). Moderiert wurde die Runde von der Journalistin Amber Sayah.

Dominque Gauzin-Müller hob zu Beginn nochmals den praktischen Nutzen der Frugalité-Bewegung hervor. Ihre Mitglieder profitieren gegenseitig von Tipps zu neuen Herstellungsverfahren oder der Verwendung von neuen Materialien. Francois Liermann erklärte anhand gebauter Projekte den Ansatz des Verzichts. Zudem wurde die soziale Komponente hervorgehoben, die eine der wesentlichen Bestandteile der Frugalité-Prinzipien ist. Gefragt nach der Übertragbarkeit in die deutsche Baukultur, wünscht sich Beatrice Soltys mehr Leichtigkeit und weniger Normen und Gesetze. Ihrer Ansicht nach haben wir den Mut verlernt, Dinge auszuprobieren, die IBA’27 hilft allerdings dabei, mehr Experiment zu ermöglichen. »Wir müssen eine positive Geschichte erfinden, nicht über Verzicht diskutieren«, sagt Andreas Hofer, wenn es um die Vereinfachung und Reduzierung von Gewohntem geht. »Das Zusammenführen von Technik und Nachhaltigkeit ist dennoch eine architektonische Frage.« Wie das qualitätvoll gelingen kann, ist noch bis 22.07. in der Fellbacher Ausstellung zu sehen.

Ursula Hoffmann / IBA’27-Team

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