100 Jahre Weissenhof

Die Weissenhofsiedlung
Ein gebautes Manifest modernen Wohnens

Weissenhofsiedlung 1927 (Bild: Freunde der Weissenhofsiedlung)
Weissenhofsiedlung 1927 (Bild: Freunde der Weissenhofsiedlung)

Die Weissenhofsiedlung gilt in der Architekturgeschichte als eines der bedeutendsten Zeugnisse des Neuen Bauens. Sie war Teil einer Bauausstellung, die der Deutsche Werkbund 1927 mit der Stadt Stuttgart ausrichtete. Mit ihrem programmatischen Titel »Die Wohnung« war eine Vision verbunden: die radikale Abkehr von althergebrachten Wohnformen, stattdessen zeitgemäßes Wohnen für den berufstätigen, mobilen, gesundheitsbewussten Großstadtmenschen.

Die damalige Architektur­-Avantgarde unter der künstlerischen Leitung von Ludwig Mies van der Rohe wollte mit ihren neuartigen Ansätzen dem Wohnraummangel etwas entgegensetzen. Es sollte kostengünstiger Wohnraum durch industriell gefertigte Materialien, typologische Bauteile und modulare Konstruktionen entstehen.

17 internationale Architekten, darunter Le Corbusier, Walter Gropius und Hans Scharoun, experimentierten mit Grundrissen, Konstruktionen, Materialien und Haustechnik. Entstanden sind in nur viereinhalb Monaten Bauzeit 21 Mustergebäude mit 60 Wohnungen. Klar und nüchtern in der Aufteilung, war jedes Haus zentral beheizt, hatte Bad und WC sowie eine Küche mit Gasanschluss. Zwar wurden die damals ungewohnten kubischen Flachdachbauten zum Teil extrem kritisiert, dennoch gab der Erfolg der Ausstellung den Architekten recht: Etwa 500.000 Besucher zählte man, und die Strahlkraft der Ausstellung reichte weit über Deutschland hinaus.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Siedlung stark beschädigt, nach 1945 war ihre Zukunft ungewiss. Nur dem Engagement der Stuttgarter Bürgerschaft und dem damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss war es zu verdanken, dass die Siedlung nicht abgerissen, sondern 1958 unter Denkmalschutz gestellt wurde. Seit 2016 sind die beiden Häuser Le Corbusiers Teil des Weltkulturerbes.

Heute stellt sich die Frage nach der Zukunftsfähigkeit vorhandener Wohnformen erneut: Braucht es jetzt – nach dem Vorbild der Weissenhofsiedlung – wieder radikale Veränderungen bisheriger Wohntypologien, Mobilitätsansprüche und Infrastrukturüberlegungen? Wie kann die Stadt in einen lebenswerten und zukunftsfähigen Raum verwandelt werden? Genau hundert Jahre nach dem Weissenhof will die IBA’27 mit vielfältigen experimentellen Projekten darauf Antworten geben.

Weissenhofsiedlung 1927 (Bild: Strähle-Luftbild, Schorndorf)
Weissenhofsiedlung 1927 (Bild: Strähle-Luftbild, Schorndorf)
Weissenhofsiedlung bei Nacht. Luftbild
Weissenhofsiedlung bei Nacht. Bild: Max Leitner / Film Commission Region Stuttgart

Besuch der Weissenhofsiedlung

1927 bauen die Architekten Le Corbusier und Pierre Jeanneret für die Werkbundausstellung „Die Wohnung“ ein Doppelwohnhaus. Seit 2006 befindet sich darin das Weissenhofmuseum. Es steht den Besuchern als einzig zugängliches Haus der Weissenhofsiedlung offen. Es werden auch Führungen durch die Siedlung angeboten. Weitere Informationen zum Museum

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