15.08.25

Bauen neu denken mit Fasern und Robotern

Der vergangene Field Trip der IBA’27 Friends war in jeder Hinsicht außergewöhnlich. Während meist IBA’27 Projekte oder -Vorhaben besichtigt werden, stand diesmal ein Ausflug in die Bautechnik auf dem Programm. Beim Besuch der FibR GmbH in Kernen im Remstal erlebten die Teilnehmenden einen beeindruckenden Einblick ins Bauen der Zukunft: robotisch gefertigt, naturinspiriert, ressourcenschonend – und mit großer gestalterischer Freiheit. Das junge Unternehmen – gegründet von Professor Moritz Dörstelmann, hat sich auf die Entwicklung und Produktion von Faserverbundstrukturen spezialisiert, die durch digitale Planung und robotergestützte Fertigung nicht nur besonders leicht, sondern auch materialeffizient und formflexibel sind.

Die Natur macht’s vor

Der Ursprung der Technologie liegt in der Natur. Die Faszination von Moritz Dörstelmann begann mit der Beobachtung von Käferpanzern, deren geometrisch raffinierte Schalen große Lasten tragen und gleichzeitig extrem leicht sind. Diese Prinzipien wurden in die Bautechnologie übersetzt: »Wir arbeiten mit minimalen Untergerüsten und ordnen Fasern nur dort an, wo es statisch erforderlich ist«, so Dörstelmann. Dabei entstehen Strukturen, die mit sehr wenig Materialaufwand große Spannweiten oder filigrane Fassaden ermöglichen – ob aus Carbon, Glas oder zunehmend auch aus nachwachsenden Rohstoffen wie Flachs.

Dank algorithmisch gesteuerter Entwurfs- und Fertigungsprozesse werden individuelle Bauteile möglich, die direkt aus der Entwurfssoftware heraus maschinenlesbar sind. Der Roboter wickelt kontinuierlich einen Faden entlang exakt definierter Bahnen – das spart Material und eröffnet gleichzeitig neue gestalterische Potenziale. Ein bekanntes Projekt ist das Texoversum in Reutlingen, wo eine textile, robotisch gefertigte Fassade als Sonnen- und Fallschutz dient – und zugleich durch ihre Transparenz einen besonderen Licht- und Schattenwurf erzeugt.

Zunehmend arbeitet FibR mit biogenen Materialien wie Flachs oder Basalt. »Das Ziel ist doppelter Klimanutzen: weniger Materialeinsatz und nachwachsende Rohstoffe.« Die Herausforderung liegt dabei auch in der Qualitätssicherung, denn natürliche Fasern sind unregelmäßig – die Roboter müssen also auf Abweichungen reagieren können.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Die Anwendungsbereiche sind vielfältig – von Pavillons über Fassaden bis hin zu tragfähigen Dachstrukturen. Selbst Projekte im Bestand, wie leichte Aufstockungen oder temporäre Verschattungen im öffentlichen Raum, werden möglich. Auch für die IBA’27 ist die Technologie hochinteressant: als Inspiration für nachhaltige Bauweisen und als konkrete Lösung für modulare, ressourcenschonende Architektur. »Wir freuen uns sehr über die IBA«, sagt der Professor für Digital Design and Fabrication am KIT in Karlsruhe, »sie ist ein echter Motivationstreiber für Innovationen im Bauen.«

Herzlichen Dank an Moritz Dörstelmann und sein Team für diesen besonderen Einblick in ein spannendes Forschungsfeld!

Ursula Hoffmann / IBA’27-Team

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