Ein neues Leben für 260.000 Ziegelsteine
»Erst einmal ist Aufräumen angesagt«, erklärt Nikolai Pauli, Geschäftsführer der Klett Liegenschaften Verwaltungsgesellschaft mbH und Projektleiter des Gesamtprojekts, den momentanen Zustand des Verlagsgeländes. Die Klett Gruppe – Europas zweitgrößter Bildungsverlag – ordnet ihren Firmensitz baulich neu und transformiert den Gebäudebestand zukunftsweisend mit dem Fokus auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit.
Schon seit 1953 befindet sich der Firmensitz im Stuttgarter Westen und wuchs seitdem kontinuierlich. Es kamen sukzessive neue Verwaltungs- und Produktionsgebäude hinzu, angedockte »Brücken« ermöglichten trockenen Fußes die Übergänge dazwischen. Das gesamte Areal atmet bis heute sichtbar die Erfolgsgeschichte des schwäbischen Familienunternehmens.
Mit etwa 40 Interessierten – darunter sogar einige, die vor Jahren bei Klett gearbeitet haben – hatten wir die besondere Gelegenheit, in diese Historie einzutauchen. Die umfangreiche Besichtigung führte uns über die ehemalige Vorstandsetage direkt in die Zukunft – in Form eines Musterbüros, das einen guten Eindruck davon gab, welche Anstrengungen, insbesondere durch den ökologischen Planungsansatz, notwendig sind, um ein Bestandsgebäude nach modernen Standards zu ertüchtigen.
Weiter ging es in den Innenhof, der mit seinem angenehmen Grün schon in der Vergangenheit eine Oase der Ruhe war. Künftig werden dort etwa 90 hochstämmige Bäume stehen, die den Mitarbeitenden Schatten spenden und sich ebenso positiv auf das Stadtklima auswirken sollen. Im Hof erläuterte Herr Pauli an einem Fassaden-Mockup die Intention, die Fassaden der Neu- und Anbauten hinsichtlich Verband, Fugen und Farbton an den Bestand anzupassen. Aber nicht etwa mit neu gebrannten Ziegeln, sondern – ganz im Sinne echten zirkulären Bauens – mit gebrauchten. Fündig wurde man schließlich auf einer Abbruchbaustelle in Mannheim: 260.000 reused Ziegel wechselten dort den Besitzer und erhalten jetzt in Stuttgart ein zweites Leben.
Nicht nur bei Planung und Ausführung beschreitet Klett innovative Wege, auch hinsichtlich des Ausführungsprozesses hat sich das Unternehmen mit der integrierten Projektabwicklung (IPA) für ein neuartiges Modell entschieden – derzeit das einzige IPA-Verfahren im Bestand in Deutschland. Herr Pauli schilderte eindrücklich die aufwändigen, vorbereitenden Maßnahmen wie etwa die Personalrekrutierung, ist jedoch überzeugt, dass diese Art des Projektmanagements sehr gut zur Unternehmenskultur passt. Dass der Standort im Zentrum erhalten und nun für die Zukunft fit gemacht wird, ist für Nikolai Pauli eine Sache der Überzeugung – und diese teilt Klett zu einhundert Prozent mit der IBA’27. Mehr zum IBA’27-Projekt »Transformation des Klett-Areals«







Ursula Hoffmann / IBA’27-Team
