23.04.24
Wiederverwendung von Bauteilen in IBA’27-Projekten

Gebrauchte Bauteile ziehen in die Böckinger Straße

Die Baubranche hat einen sehr hohen Ressourcenverbrauch. In Deutschland entstehen pro Jahr mehrere hundert Millionen Tonnen Abfälle, sowohl beim Bau als auch beim Abriss von Gebäuden. Sie machen mehr als die Hälfte des deutschen Müllaufkommens aus. Einen Weg zu einer ressourcenschonenderen Bauweise kann die Wiederverwendung sein, bei der die Lebensdauer von bereits Bestehendem verlängert wird. Das ist aus ökologischen und aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll.

Die IBA’27 macht sich stark dafür, dass Materialien bei einem Abriss nicht einfach entsorgt, sondern soweit möglich demontiert, sortiert und für den Einsatz in neuen Bauprojekten vorbereitet werden. Dieser Prozess reduziert nicht nur die Menge an Abfall, sondern spart auch Energie und Ressourcen, die für die Herstellung neuer Materialien benötigt würden. Heute ist dieses Vorgehen meist noch keine gelebte Praxis. Zu groß sind die Hürden und offenen Fragen: Wo werden die Bauteile und -materialien gelagert? Wie kommen Angebot und Nachfrage zusammen? Wer zertifiziert die wiederverwendeten Bauteile?

Wie die Wiederverwendung gelingen kann, zeigt UTA-Architekten und Stadtplaner in den IBA’27-Projekten »Quartiersentwicklung Hangweide«, »Postareal Böblingen« und »Quartier Böckinger Straße«. Das Büro gewannen den Städtebau-Entwurf für die »Quartiersentwicklung Hangweide« in Kernen im Remstal. Auf der Hangweide betreute die Diakonie Stetten rund 70 Jahre lang Menschen mit Behinderung in einer dorfähnlichen Wohnstruktur. Die aufgegebenen Gebäude machen Platz für ein durchmischtes, inklusives Quartier, das mit neuen Formen des Zusammenlebens an die Historie des Ortes anknüpft. Gemeinsam mit dem spanischen Büro Gutiérrez – De la Fuente Arquitectos SLP hat UTA-Architekten ebenfalls den Realisierungswettbewerb für das Postareal Böblingen gewonnen. Direkt am Bahnhof entsteht auf dem Gelände der ehemaligen Post ein neuer Stadteingang. Gleichzeitig plant UTA auch die Quartiersmitte im IBA’27-Projekt »Böckinger Straße«, wo künftig eine Kita und eine Begegnungsstätte einziehen. So kennen die beiden Architektinnen Sigrid Müller-Welt und Anne-Catherine Dietz die drei Projekte sehr gut. Gemeinsam haben sie Bauteile identifiziert, die von der Hangweide und aus dem Postareal in die künftige Quartiersmitte nach Stuttgart-Rot ziehen können. Darunter unter anderem eine Küche, Türen, Spiegel, Waschbecken und Lampen.

Sigrid Müller-Welt, geschäftsführende Gesellschafterin bei UTA: »Für uns als Planerinnen ist das Denken in Kreisläufen ein wichtiger Anspruch an unsere Arbeit.« Mit einem Handwerker arbeitet sie schon lange zusammen und wusste, dass sie gemeinsam mit ihm den Aus- und Wiedereinbau relativ problemlos realisieren kann. »Für uns ist es ein Gewinn, dass die drei Projektträger zugestimmt haben, dass wir Material aus der Hangweide und aus dem Postareal wiederverwenden können. Mit dem Wissen, wie die Quartiersmitte in der Böckinger Straße aussehen soll, konnten wir gezielt Material aussuchen, das passt. Mit diesem Pilotprojekt können wir zeigen, wie sich Bauteile wiederverwenden lassen, wenn man die Option bereits in der Planung mitdenkt.«

Einige Materialien werden noch anhand einer Materialprobe untersucht, um auszuschließen, dass sie durch Schadstoffe belastet sind. Nach dieser Prüfung werden die Bauteile zwischengelagert, bis sie in der Böckinger Straße ihr zweites Zuhause finden und dort wieder eingebaut werden.

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